
Was ist digitale Gewalt?
Unter digitale Gewalt fallen alle Formen von Gewalt, die sich technischer Hilfsmittel und digitaler Medien bedienen und Gewalt, die im digitalen Raum, z.B. auf Online-Portalen oder auf sozialen Plattformen stattfindet. Ziel der Täter/innen ist es, Macht und Kontrolle über ihre Opfer auszuüben und sie mittels digitaler Medien zu diffamieren und zu erpressen.
Erscheinungsformen digitaler Gewalt sind beispielsweise:- Diffamierung, Nachstellung, Bedrohung
- Identitätsdiebstahl / Identitätsmissbrauch
- Fotografieren und Filmen
- Weitergaben und Veröffentlichung von digitalen Aufnahmen
- Zusendung und Weiterleitung von pornografischen Bildern und Videos
- Ausspionieren und Abfangen von Daten
- Ortung und digitale Kontrolle
- Drohungen, intimes Bildmaterial zu veröffentlichen
- Körperliche oder sexuelle Übergriffe in Kombination mit digitaler Gewalt
- Digitale Angriffe am Arbeitsplatz
- "Cybergrooming" - unerwünschter Kontakt mit dem Ziel sexueller Handlungen
Digitale Gewalt tritt oft im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt auf, meist in Kombination mit körperlicher, psychischer oder sexualisierter Gewalt.
Absicht der Täter/innen
Ein Ziel der Täter/innen ist das Ausspionieren, Überwachen und Kontrollieren der Partnerin. In unbeobachteten Momenten gelingt es den Tätern/innen häufig, sich Passwörter von PCs oder Handys zu beschaffen und so unerlaubt Einsicht auf Daten und Informationen nehmen bzw. sie können dort „fremde“ Daten platzieren. Leicht zu beschaffende Software kann, von den Nutzerinnen unbemerkt, auf einem Handy installiert werden und gewährt Einblicke in die Nachrichtenverläufe und telefonischen Aktivitäten der Person bzw. ermöglicht eine Ortung per GPS. So ist der Täter/innen nicht nur über die Bewegungen seiner (Ex-)Partnerin informiert, sondern auch über ihr Denken und Handeln. Um eine Trennung zu verhindern oder hinauszuzögern, wird Betroffenen oft damit gedroht, ihre (intimen) Bilder im Netz zu veröffentlichen. Dadurch werden private Bilder häufig auch als Druckmittel eingesetzt.
Was sind die Folgen?
Oft äußern die betroffenen Frauen die Empfindung dem Angreifer völlig ausgeliefert zu sein. Ihr Selbstverständnis ist nachhaltig erschüttert. Weitere Folgen z.B. sind:- Schuld- und Schamgefühle
- Angst
- Hilflosigkeit, Ohnmacht
- Depressionen, Angststörungen sowie psychosomatische Störungen bei den Opfern
- Die Entwicklung von Misstrauen/Unsicherheit der betroffenen Frauen gegenüber ihrem Umfeld
- Isolation der Betroffenen von ihrer Familie, ihren Freunden und ihrem Bekanntenkreis
Meist sind sich Betroffene über die weit reichenden Folgen digitaler Gewalt im ersten Moment nur wenig bewusst. Dazu kommt oft eine Überforderung durch das Ausmaß und die Folgen des digitalen Angriffs. Viele Frauen haben das Gefühl, nicht dagegenhalten zu können und hoffen, dass die Gewalt von allein aufhört. Ein Trugschluss, denn die Angriffe werden meist noch intensiver.
Was tun bei digitaler Gewalt?
- Vorbeugende Sicherheitsamßnahmen
- Überblick über Apps haben, die auf dem eigenen Smartphone installiert sind
- Sicheres Passwort (Mindestens 8 Zeichen, enthält Groß- u. Kleinschreibung, Ziffern, Sonderzeichen)
- Extra Passwort für jeden Account
- Zwei-Faktoren Authentifikation
- Ortungsdienste ausschalten
- Surfen mit privater Sitzung
- Bluetooth-Funktionen deaktivieren
Weitere Informationen zu Maßnahmen finden Sie hier unter diesem Link:
Download Sicher mit dem Smartphone (.pdf)
Was können Betroffene tun?
Als Opfer von digitaler Gewalt ist es sinnvoll eine Beratungsstelle aufzusuchen. Dort werden erste Hilfemaßnahmen ergriffen und auf individuelle Schwierigkeiten eingegangen. Wichtig ist es mit Blick auf die Beweissicherung sich mit einer Beratungsstelle/Polizei/Anwältinnen u.a. über das weitere Vorgehen beraten zu lassen und abzusprechen.
Hilfreich sind je nach Art der digitalen Gewalt das Wechseln des Smartphones und das Aktualisieren sämtlicher Einstellungen unter „Privatsphäre“.
Außerdem hilft:- Die Verfolgung ernst nehmen
- Sicherheitsplan erstellen mit Checkliste
- Passwörter ändern
- Ortungsdienste wie beispielsweise GPS ausschalten
- Telefon zurücksetzen
- Zweithandy anschaffen
- Sicherheitskopien der Daten
- Inkognito-Sitzungen im Internet/ Verlauf löschen
- Nachrichten und Telefonate über Telefonanbieter erfassen
- Screenshots für Beweise (Computer Windows: shift + druck/print oder Strg + print und dann Strg+V um eizufügen, bei Mac: cmd-shift-3)
- Digitales Gewalttagebuch zur Beweissicherung
- Soziale Netzwerke (Facebook, Instagram etc.) informieren, unter Umständen mit Absprache der Polizei (wegen Beweissicherung)
Download Für Erwachsene: Broschüre Frauennotruf Digitale Gewalt (.pdf)
Download Für Mädchen: Flyer Digitale Welten Digitale Gewalt (.pdf)
Juristisches Vorgehen
Das juristische Vorgehen ist vom Straftatbestand abhängig.
Im Zivilrechtgibt es vor allem folgende Interventionsmöglichkeiten, am besten mit Unterstützung eines Anwalts/ einer Anwältin:
- Gewaltschutzgesetz: Zivilrechtliche Schutzmöglichkeit, wie zum Beispiel Kontakt- und Näherungsverbot, das Nachrichten per Mail, Telefon oder Handy mit einschließt
- Unterlassungserklärung fordert die Täter/innen auf ihr Tun zu beenden und in der Zukunft zu unterlassen
- Klageverfahren auf Löschen/Entfernen/Vernichten von Aufnahmen
- Schadensersatz und Schmerzensgeldansprüche können geltend gemacht werden
Im Strafrecht:
Nähere Infos zum Vorgehen bei einzelnen Delikten, die bei der Polizei angezeigt werden können, finden sich in folgender Broschüre:
Download Broschüre Frauennotruf Digitale Gewalt (.pdf)
Polizeiliches Vorgehen:
Bei der Polizei kann die Betroffene eine Anzeige machen s.o. (Antragsdelikt). Es ist möglich, eine Vertrauensperson zur Vernehmung mitzunehmen. Wichtig ist für das juristische Verfolgen des Täters/ der Täterin, dass die Beweise der Straftat gesichert sind. Das bedeutet, dass jeder Vorfall möglichst genau dokumentiert (Digitales Gewalttagebuch) und als Nachweis zur Vernehmung mitgebracht werden sollte. Wenn der Täter/die Täterin bekannt ist, besteht die Möglichkeit, dass die Polizei eine Gefährderansprache macht. Bei einer Strafanzeige kann nach Absprache mit der Polizei Kontakt mit Seitenbetreibern aufgenommen und letztere aufgefordert werden, die gespeicherten Daten zu löschen oder sie nicht an Dritte weiterzugeben.